Copyright UWG-Herscheid, zuletzt aktualisiert 12.4.2023
Stellungnahme der UWG zum Doppelhaushalt für 2024 und 2025, gehalten in der Ratssitzung am 18.3. 2024 vom Fraktionsvorsitzenden der UWG Herscheid, Sebastian Jülich Sehr geehrter Herr Bürgermeister, verehrte Kolleginnen und Kollegen, meine sehr geehrten Damen und Herren, nach intensiver Beratung in den Ausschüssen und Fraktionen beschließen wir heute über den Doppelhaushalt 2024/2025 und damit über die Ausrichtung unserer Gemeinde in den nächsten beiden Jahren. Zu Beginn des Schreibens meiner heutigen Stellungnahme habe ich nochmal meine Rede zum Haushalt 2023 gelesen und musste feststellen, dass manches, was dort beschrieben war, leider immer noch aktuell ist und sich manche Dinge eher verschlechtert als verbessert haben. Das Wort „Krisenmodus“ hat es im letzten Jahr zum „Wort des Jahres“ geschafft leider vollkommen zurecht. Nach dem mittlerweile über zwei Jahre andauernden Krieg Russlands gegen die Ukraine herrscht nunmehr auch im Nahen Osten Krieg, die Auswirkungen der allgemeinen weltpolitischen Lage sind auch vor Ort zu spüren nicht nur am Leid der Flüchtlinge, sondern auch an den wirtschaftlichen Auswirkungen hier in Deutschland mit der Folge erheblicher zusätzlicher Belastungen für die kommunalen Haushalte. Die katastrophale Verkehrspolitik der letzten Jahrzehnte führte zu einem stetigen Verfall der Infrastruktur. Haben wir uns vor Jahren über Schlaglöcher in Landesstraßen geärgert, sieht man jetzt die Folgen in Form maroder und gesperrter Brücken. Dieser Zustand führt zu einem erheblichen Standortnachteil für unsere Region. Dazu kam gegen Ende des letzten Jahres noch der Cyberangriff auf unseren IT-Zweckverband, der uns gezeigt hat, wie verwundbar doch das Leben in der digitalen Welt ist, wenn man nicht optimal aufgestellt ist. Diese Vielzahl an Krisen und die damit verbundene Unsicherheit führt - verständlicher Weise - zu Ängsten, Unzufriedenheit und Sorge um die persönliche Zukunft. Einher geht diese Sorge dann aber nicht mit einer Stärkung des Gemeingefühls und Zusammenhalts, sondern führt leider zu einem Erstarken von Antidemokraten, Extremen und Verfassungsfeinden, die für komplexe Probleme vermeintlich einfache Lösungen zu haben meinen. Diesen muss unsere Gesellschaft und auch wir im Rat gemeinsam und deutlich entgegentreten. Solche Leute brauchen wir hier nicht, sie lösen keine Probleme, sondern verursachen diese. Es bleibt nicht aus, dass sich die mit den Krisen und Problemen verbundenen Folgen im Haushalt niederschlagen. Nach wenigen Jahren sind wir wieder in der Haushaltssicherung angekommen. Dass wir damit nicht alleine sind und uns mit einer Vielzahl anderer Kommunen in Nordrhein-Westfalen in guter Gesellschaft befinden, kann nur ein schwacher Trost sein. Schwerer wiegt vielmehr, dass zurzeit nicht erkennbar ist, dass sich diese Situation in den nächsten Jahren verbessern wird. Der Bürgermeister hat uns in unserer Haushaltsklausur die finanziellen Probleme sehr offen und ehrlich dargestellt. Die Schieflage der Kommunalfinanzen mit einer unzureichenden Finanzausstattung der Kommunen durch Bund und Land ist leider nicht neu, aber bei steigenden (Pflicht)ausgaben zeigt sich diese Schieflage jetzt umso mehr. Auch die Kreisumlage kennt seit Jahren nur eine steile Richtung nach oben. Das liegt sicherlich mit daran, dass der Kreis am Umlagehaushalt des Landschaftsverbandes hängt. Aber manche Probleme scheinen doch Haus gemacht zu sein und erfordern vielleicht, wie auch manche Entscheidungen hier vor Ort, unkonventionelle Idee und Lösungen. Das gilt sowohl für die Märkischen Kliniken als auch die Märkische Verkehrsgesellschaft. Wenn ich als Kreis ein Krankenhaus unterhalte, was ja erst einmal nicht schlecht und auch als Teil der Daseinsvorsorge vorgeschrieben ist, muss ich es aber so führen, dass der Betrieb nicht durchweg in so hohem Maße defizitär ist. Sicherlich krankt auch das Krankenhauswesen an mangelnder Finanzierung und das Umfeld ist schwierig, aber gerade deswegen muss ich mir jemanden suchen der mir hilft es besser zu machen und die entsprechende Expertise hat, als einfach alleine wie bisher weiterzumachen. Das hat man nun endlich getan, die Ergebnisse des Gutachtens müssen nun aber auch umgesetzt werden um das Defizit so weit wie möglich zu verringern. Dieses Beispiel zeigt auch, dass es sinnvoll sein kann, dass sich Aufsichtsgremien kommunaler Unternehmen externer Fachkompetenz bedienen um Ihre Aufgaben erfolgreich erfüllen zu können. Positiv zu erwähnen ist, dass Dank der Initiative der UWG-Fraktion im Kreistag in diesem Jahr der Kreis einen höheren Betrag aus der Ausgleichsrücklage entnommen hat als ursprünglich von Landrat und Kreiskämmerer vorgesehen und damit die Kommunen nicht noch stärker belastet werden. Die Probleme sind vielschichtig, Lösungen sicherlich nicht einfach. Gefühlt fehlt es im Bund und teilweise auch im Land aber offenbar am Willen zur Veränderung. Das parteipolitische Klein-Klein und gegenseitiges Blockieren scheinen wichtiger zu sein als ein Vorankommen; dabei müssen dringend alle Kräfte für die Gestaltung der Zukunft aufgewendet werden. Der ehemalige Bundespräsident Roman Herzog hat einmal von einem Ruck gesprochen, der durch unser Land gehen muss. Einen solchen Ruck, nicht nur für die Kommunalfinanzen brauchen wir dringend, ich hoffe er wird kommen. Meine Damen und Herren, was heißt das nun für Herscheid? Gerade auch wenn die Zukunft nicht so gut aussieht, ist doch die Ausgangslage nicht schlecht. Dank langfristiger Konzepte (nach den letzten Haushaltsreden des Kollegen Kaufmann habe ich die Gewissheit, dass auch die CDU verstanden hat, dass sich solche auszahlen) sowie der geschickten Einwerbung von Fördermitteln durch die Verwaltung konnten eine Vielzahl von Projekten umgesetzt und damit nachhaltig die Lebensqualität in Herscheid gesteigert werden. Das Bildungszentrum, die Gemeinschaftshalle - diese auch dank des Engagements des Schützenvereins -, das Freibad und die Dorfwiesen sind nur einige Beispiele. Das kann uns erstmal keiner mehr nehmen und auch im Vergleich mit anderen Kommunen brauchen wir uns nicht zu verstecken. Der vorliegende Haushalt zeigt, dass auch in den nächsten beiden Jahren wieder in die Zukunft investiert wird wie die folgenden Beispiele zeigen. Der Freibadumbau wird fertiggestellt, der letzte Bauabschnitt am Bildungszentrum steht an und in Hüinghausen sollen die ersten Maßnahmen aus dem Dorfentwicklungskonzept– mit Fördermitteln umgesetzt werden. Größtes Projekt der nächsten Jahre ist die Erweiterung des Feuerwehrhauses in Herscheid, für das erhebliche Finanzmittel eingeplant sind. Gerade mit dem Bau des Bildungszentrums und der freiwilligen Unterstützung der Kindergärten (mit Augenmaß) zeigen wir, dass Herscheid für Jüngere und Familien ein attraktiver Wohnort ist. Die vielen Projekte und auch die laufenden Aufgaben erfordern eine ausreichende personelle Ausstattung im Rathaus und den gemeindlichen Einrichtungen. Wir unterstützen daher alle Maßnahmen, die geeignet sind den Arbeitgeber Gemeinde Herscheid attraktiv zu machen und vor allem attraktiv zu halten. Uns ist dabei bewusst, dass dieses alleine über die Bezahlung nicht immer möglich ist. Ebenso tragen wir den Vorschlag mit, die Stelle des Klimaschutzmanagers auch ohne Fördermittel zu entfristen. Wir gehen davon aus, dass dieses Themenfeld zukünftig mit einer halben Stelle gut zu bearbeiten ist. Meine Damen und Herren, wir haben in Herscheid schon immer sparsam gewirtschaftet, Einsparpotenziale gehoben und durch interkommunale Zusammenarbeit (positives Beispiel ist hier sicherlich der gemeinsame Stadtentwässerungsbetrieb Lüdenscheid Herscheid AÖR) Aufgaben auf eine wirtschaftlichere Basis gestellt. Es fehlt uns daher an Fantasie, wo noch gespart werden kann. Das Erhöhen von Steuern kann auch nicht immer der richtige Weg sein und die wenigen wirklich freiwilligen Leistungen wollen wir auch nicht kürzen. Eine Chance bietet vielleicht die turnusmäßig in diesem Jahr anstehende Prüfung durch die Gemeindeprüfungsanstalt. Den Ergebnissen sollten wir alle offen gegenüberstehen. Die Entwicklung der vergangenen Jahre zeigt, dass die unmittelbare Lebensqualität der Menschen in unserem Land vor Ort geschaffen wird und zwar in den Kommunen als Keimzelle der Demokratie. Können wir dieses aufgrund finanzieller Zwänge nicht mehr leisten wird es für alle sehr schwierig. Insofern ist es wichtig, dass wir weiterhin vor Ort und auch im Rat gut zusammenarbeiten und offen und ehrlich diskutieren. So sollte sich für alle auch bei schlechten Rahmenbedingungen das beste Ergebnis erzielen lassen. Nachdenklich stimmt mich daher die derzeit laufende Diskussion über das Interessenbekundungsverfahren zu einem möglichen Nationalpark im Ebbegebirge. Der Nationalpark ist sicherlich ein wichtiges Thema, im Vergleich zu den Dingen die hier sonst zur Entscheidung anstehen aber eher von nachrangiger Bedeutung. Ich frage mich daher schon, ob es richtig und zielführend ist, wenn bei diesem Thema mit so einer Vehemenz, teilweisen Unsachlichkeit und der Nutzung von Unterstellungen mal mehr, mal weniger deutlich - miteinander umgegangen wird. Das muss einfach nicht sein und nutzt sicher nicht der Sache. Wir machen uns hier unsere Entscheidungen - nicht nur bei diesem Thema - sicher nicht einfach und haben dabei das Gemeinwohl und nicht persönliche Interessen im Blick. Auch beim Thema Flüchtlinge bemerkt man eine Änderung der Stimmung vor Ort. Sicherlich sind mit der Aufnahme von Flüchtlingen Probleme verbunden, allerdings ist gelungene Integration eine Bereicherung für unsere Gesellschaft und jeden Einzelnen. Die Integration ist unbedingt erforderlich, wenn wir unseren Wohlstand sichern wollen. Sie ist aber eine Aufgabe der gesamten Bürgerschaft, nicht nur der Mitarbeitenden im Rathaus. Bürgerschaftliches Engagement zeichnet vielfach unsere Gemeinde aus. Vieles was wir in Herscheid als selbstverständlich annehmen ist nur durch ehrenamtliches Engagement möglich, rein aus finanziellen Gründen wäre eine Übernahme der Aufgaben durch die Gemeinde nicht leistbar. Ehrenamtliches Engagement ist vielfältig sei es organisiert in einem Verein, den Kirchen, dem DRK, der Feuerwehr, der Ehrenamtsbörse oder auch losgelöst von einer Organisation z.B. im privaten Umfeld, der Nachbarschaft oder anderswo. Allen, die sich ehrenamtlich einbringen, gebührt unser Dank und unsere Anerkennung. Alle, die sich ehrenamtlich engagieren tun dieses freiwillig nach dem Motto „machen statt nur reden“ und ohne zu fragen „was bekomme ich den dafür?“ und nicht wie manche Zeitgenossen in den sozialen Medien nur rumnörgeln. Die UWG-Fraktion hat den Haushaltsplan intensiv beraten, die Entscheidung haben wir uns nicht leicht gemacht. Gerade die Aufstellung eines Doppelhaushaltes bereitet uns vor den sich abzeichnenden Unsicherheiten schon im nächsten Jahr z.B. bei der Reform der Grundsteuer doch deutliche Bauschmerzen. Daher haben wir seinerzeit gegen die Aufstellung eines Doppelhaushaltes gestimmt, mehrheitlich wurde jedoch ein Doppelhaushalt beschlossen. Zu unserem Demokratieverständnis gehört neben der Akzeptanz einer mehrheitlichen Entscheidung aber auch, dass wir Verantwortung übernehmen und uns bei der Beschlussfassung gleich nicht enthalten werden. Da wir es für wichtig halten, dass der Haushalt gerade wegen der ausgeführten Probleme und Herausforderungen auf einer möglichst breiten Basis steht, werden wir dem Haushaltsplan und all seinen Anlagen zustimmen. Die Zustimmung ist mit der Erwartung verbunden, dass die Kämmerin und der Bürgermeister die Entwicklung der Gemeindefinanzen eng überwachen, uns umfassend informieren und im Bedarfsfall frühzeitig Maßnahmen vorschlagen, wenn die prognostizierte Entwicklung nicht eintreten sollte. Wir danken der Kämmerin und dem Bürgermeister für die mit der Aufstellung des Haushaltsplanes verbundene Arbeit. Ebenso danken wir Ihnen und den Mitarbeitenden in der Verwaltung, dem Bauhof und den anderen gemeindlichen Einrichtungen für die geleistet Arbeit im vergangenen Jahr. Ihnen verehrte Kolleginnen und Kollegen danke ich für die gute Zusammenarbeit im letzten Jahr. Lassen Sie uns weiterhin in der offenen und ehrlichen Diskussion bei unterschiedlicher Meinung das Beste für unsere Heimatgemeinde suchen und finden. Dabei sollten wir, auch wenn es schwer ist und gefühlt immer schwerer wird, unsere Zuversicht bewahren und trotz allem mit Optimismus in die Zukunft blicken. Wie schon John F. Kennedy feststellte, setzt sich das Wort Krise im Chinesischen aus zwei Schriftzeichen zusammen – das eine bedeutet Gefahr und das andere Gelegenheit. Nutzen wir die Gelegenheiten. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Unabhängige Wählergemeinschaft Herscheid